Ein großer Schritt für junge Menschen, ein noch größerer für uns alle: Ausbildungsgarantie jetzt!

Ausbildungsblog I

Kennt ihr das auch? Es gibt so ein paar Sachen, bei denen fast alle der Meinung sind: Gut, dass es die gibt. Das können ganz konkrete Sachen sein, wie zum Beispiel Pommes. Ich kenne eigentlich niemanden, der sagt: Bleib mir bloß weg mit dem Zeug. Oder es können auch eher abstraktere Sachen sein, wie beispielsweise Freiheit. Habt ihr schonmal jemanden getroffen, die gesagt hat, dass Freiheit eigentlich ne ziemlich schlechte Idee ist? Genau, ich nämlich auch nicht. Eine weitere Sache, die eigentlich auch alle gut finden, klingt erstmal abstrakt, meint aber was ganz Konkretes: die duale Berufsausbildung in Deutschland. Auch hier sagen alle, wie wichtig dieses Ausbildungsmodell ist, in dem junge Menschen den theoretischen Teil ihrer Ausbildung in der Berufsschule und den berufspraktischen Teil im Ausbildungsbetrieb erlernen. Und auch ich finde, dass diese Form der beruflichen Ausbildung ein absolutes Erfolgsmodell ist. Das Ding ist nur, dass die duale Berufsausbildung ein Erfolgsmodell ist, das man wollen und unterstützen muss, damit es auch in Zukunft jungen Menschen den entscheidenden Schritt zu einem selbstbestimmten Leben ermöglicht.

Denn darum geht es ganz konkret. Für mich ist ein Ausbildungsvertrag nicht nur ein Stück Papier, sondern er steht für den ersten großen Schritt in ein eigenes Leben, dem dann ganz viele weitere Schritte folgen können: die erste Wohnung, ein eigenes Auto oder der Urlaub mit dem Freund oder der Freundin, von dem man schon lange geträumt hat. Deshalb liegt mir dieses Thema so am Herzen, weil es für alle jungen Menschen möglich sein sollte, den ersten so wichtigen Schritt in ein selbstbestimmtes Leben zu gehen. Tatsächlich haben aber immer weniger Jugendliche die Möglichkeit dazu.

Das hat mehrere Gründe, aber einer ist ganz besonders problematisch: das Angebot an Ausbildungsplätzen in Deutschland nimmt seit Jahren stark ab. Schon vor der Corona-Pandemie war die Lage am Ausbildungsmarkt alarmierend, jetzt aber besteht akuter Handlungsbedarf. Wurden 2007 noch gut 644.000 Ausbildungsplätze angeboten, waren es 2020 nur noch circa 530.000. Und was besonders bitter ist: seit Jahren steigt die Anzahl der jungen Menschen, die jeweils bis Ende September keinen Ausbildungsplatz gefunden haben. Das sind keine nackten Zahlen und nüchterne Statistiken, sondern dahinter standen in den letzten Monaten 29.300 Jugendliche, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen wollten, aber zum Warten verdammt wurden.

Stellt euch das mal kurz vor: ein mittelgroßes Stadion oder ein ziemlich großes Konzert, gefüllt nur mit jungen Menschen die ohne Ausbildung und Perspektive dastehen. Ich halte das für einen untragbaren Zustand! Und deswegen reicht es mir eben nicht, die duale Berufsbildung nur gut zu finden, sondern ich will an diesem Zustand ganz konkret etwas ändern. Deshalb unterstütze ich die Forderungen der Jusos und des DGB nach einer Ausbildungsgarantie, damit in Zukunft niemand mehr warten muss, um den ersten Schritt in Richtung eigenes Leben gehen zu können.

Die Ausbildungsgarantie würde dafür sorgen, dass genau die 29.300 Jugendlichen, die letztes Jahr keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, dennoch in ihr Berufsleben starten könnten – und das ginge so:

Mit der Ausbildungsgarantie haben alle jungen Menschen bis zum Alter von 25 Jahren einen gesetzlichen Anspruch auf eine mindestens dreijährige berufliche Ausbildung in einem anerkannten Ausbildungsberuf. Das heißt, dass diejenigen, die keinen Ausbildungsplatz gefunden haben, dennoch an einer beruflichen Schule oder bei einem außerbetrieblichen Bildungsträger in ihr erstes Ausbildungsjahr starten können. Ziel ist es dabei, im zweiten Ausbildungsjahr in einen Betrieb zu wechseln, wobei die bisherige Ausbildungszeit angerechnet würde. Wenn das jedoch nicht möglich ist, können die Azubis die volle dreijährige Berufsausbildung an der beruflichen Schule oder dem außerbetrieblichen Bildungsträger absolvieren und dort einen Berufsabschluss erwerben, der dem Abschluss in der regulären dualen Ausbildung gleichgestellt ist. Während dieser außerbetrieblichen Ausbildung sollen die Azubis eine Ausbildungsvergütung erhalten, die der orts- und branchenüblichen tariflichen Regelung entspricht. Das ist ganz wichtig, denn auch wer nicht direkt in einem Betrieb ausgebildet wird, soll kein Azubi zweiter Klasse sein. Fast nichts im Leben gibt’s umsonst, und das gilt natürlich auch hier. Eine so groß angelegte Zukunftsoffensive würde was kosten – und zwar auch die Betriebe, die gar keine Ausbildungsplätze anbieten. Die werden nämlich verpflichtet, in einen Fonds einzuzahlen, aus dem dann sowohl die Kosten für die Bildungsmaßnahmen finanziert werden, als auch eine Unterstützung für die ausbildenden Betriebe. Mit diesem System würde die Ausbildung den Stellenwert erhalten, den sie verdient: als eine gesamtgesellschaftliche und verpflichtende Anstrengung, jungen Menschen eine Zukunftsperspektive zu bieten – entweder über einen Platz im eigenen Betrieb oder über Geld in die Umlagekasse.

Du findest, dass eine solche Ausbildungsgarantie eine gute Idee ist, für die die Welt aber noch nicht bereit scheint? In Österreich ist dieses Instrument tatsächlich schon seit Jahren Realität und ein voller Erfolg. Es gibt also keinen Grund dafür, weiterhin Jahr für Jahr knapp 30.000 Jugendliche in den Wartesaal zu setzen. Die Konzepte sind da, und wir können es damit schaffen, dass jeder junge Mensch den entscheidenden Schritt in Richtung eigenes Leben gehen kann. Deshalb ist für mich klar: Ausbildungsgarantie jetzt!

PS: Du fragst dich jetzt vielleicht, ob die Ausbildungsgarantie wirklich alle Steine auf dem Start ins Berufsleben aus dem Weg räumt? Oder was passiert, wenn Unternehmen einfach keine Azubis finden? Oder was junge Leute machen, die überhaupt keinen Schulabschluss haben? Stay tuned – diese Themen möchte ich in meinen nächsten Blogeinträgen näher beleuchten!

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